Stenogramme eines Lebens – Eine künstlerische Spurensuche zwischen Krieg, Kultur und Neubeginn

Was bleibt, wenn ein Künstler geht? Im Fall meines Vaters: ein stilles, kraftvolles Lebenswerk – und eine Geschichte, die weit über Kunst hinausreicht. Diese Seite bietet einen Einblick in einen Lebensweg, der gleichermaßen Zeitdokument und künstlerischer Schatz ist.

Kindheitstraum in dunkler Zeit

Geboren 1923 in Hamburg, wuchs mein Vater in einer Welt voller politischer Radikalisierung, Krieg und Entbehrung auf. Und doch ließ er sich von seinem inneren Ruf nicht abbringen: Er wollte Zeichner werden – seinen Kindheitstraum verwirklichen – ein Leben für und von der Kunst. Trotz aller Widerstände blieb er dieser inneren Stimme treu.

Die Brezelbuben – Kultur als Widerstand

Schon während der NS-Zeit suchte er nach Räumen, in denen Kunst und Freiheit überleben konnten. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete er einen heimlichen Freundeskreis ("Die Brezelbuben"), der verbotene Kunst feierte und Jazz hörte – ein stilles Zeichen des kulturellen Widerstands. Diese Haltung prägte sein gesamtes Schaffen.

Durchbruch als Illustrator

Nach dem Krieg kämpfte mein Vater mit Selbstzweifeln und existentieller Not – und hielt dennoch an seinem Traum fest. Anfang der 50er Jahre wagte er schließlich den Schritt und wurde Freelancer. Er etablierte sich schnell als gefragter Pressezeichner und Illustrator für Zeitschriften wie Der SPIEGEL, Die ZEIT, Die WELT, und Verlage wie Fischer Taschenbücher, Suhrkamp, Eugen Diederichs, und S. Fischer.

Die Feder als Erkenntnisinstrument

Die Federzeichnung nannte er ein „Stenogramm des Gegenstands“ – sie sollte nicht bloß abbilden, sondern das Wesen der Dinge erfassen.

Lehrer und Mentor

Während seiner späteren Jahre, als Leiter des ART Studios in einer großen Werbeagentur in Hamburg, bildete mein Vater zahlreiche Praktikanten Hamburger Kunstschulen aus. Diese Rolle erfüllte seinen anderen, still gehegten Lebenstraum, Lehrer und Mentor junger Menschen zu sein. Auch ich durfte in dieser Zeit erleben, wie mein Vater sein Können auf sanftmütige, klare und heitere Weise vermittelte.

Ein Ort für das Lebenswerk

Gegen Ende seines Lebens versprach ich ihm, sein Werk zu bewahren und sichtbar zu machen. Ziel ist es, dem Nachlass einen dauerhaften, würdigen Ort zu geben – in einem Museum, Archiv oder einer kulturellen Institution, die ihn nicht nur bewahrt, sondern auch erzählt. Das Lebenswerk meines Vaters ist mehr als Kunst. Es ist ein Zeitzeugnis – Zeugnis eines inneren Widerstands, einer unerschütterlichen Treue zum eigenen Weg und einer Epoche, die nicht vergessen werden darf.

Andrea Ajana Oeynhausen, im Oktober 2025


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